Was'n Los Herr Erdmann?

Vor einiger Zeit kam Herr Erdmann als neuer Professor in der Physik zu uns an die RWTH. Am 18.01.2007 besuchte Herr Erdmann die Fachschaft wo wir ihn interviewten. Die Antworten sind eher sinngemäß als wörtlich wiedergegeben.

Zur Person

  • Name: Erdmann
  • Vorname: Martin
  • Physikalisches Institut 3(a)

Fragen

Die Antworten sind eher sinngemäß als wörtlich wiedergegeben.

Was’n los: Wo kommen Sie her, und was haben Sie vorher gemacht?

Erdmann: Angefangen mit dem Physikstudium habe ich an der Universität Köln. Nach dem Grundstudium wechselte ich an die Universität Freiburg, wo ich auch mit Messungen am Fermilab in Chicago/USA promoviert habe. Meine ersten Erfahrungen als Professor habe ich im Rahmen einer Vertretungsprofessur in Karlsruhe gemacht.

Was’n los: Warum haben Sie sich für Aachen entschieden?

Erdmann: Weil die RWTH Aachen mich freundlich gerufen hat. Natürlich spielte auch das gute Ansehen der Universität eine Rolle. Aachen hat einen der größten Physikfachbereiche in Deutschland mit einem sehr guten Ruf. Aufgrund der Größe ist es einfacher in großen Experimenten, wie es sie in der Elementarteilchenphysik gibt, etwas zu bewegen.

Was’n los: Wie gefällt es Ihnen in Aachen?

Erdmann: Wunderbar. Besonders gefällt mir die Lage im 3 Ländereck, welche Aachen zu einer internationalen Stadt macht. Internationalität ist überhaupt wichtig für unsere Forschung und sie hat auch mit meiner Funktion als Erasmuskoordinator für die Physik zu tun. Ich mache diese Aufgabe sehr gerne, da ich aus eigener Erfahrung weiß, welche wertvollen Erfahrungen man bei einem Auslandsaufenthalt macht.

Was’n los: Wie wurden Sie in den Kreis der Professoren aufgenommen?

Erdmann: Außerordentlich nett. Es gibt ein konstantes Level der Freundlichkeit und des Miteinanders, das über die Grenzen der Festkörper und der E-Teilchenphysik hinausgeht. Dies merkt man z.B. an dem guten Miteinander in der aktuellen Exzellenzbewerbung unseres Fachbereiches. Besonders positiv fällt mir auf, dass Berufliches und Privates strikt getrennt bleiben. Auch wenn man im Professorium fachlich seine Differenzen haben mag, hindert es einen nicht daran, privat miteinander Kaffee zu trinken.

Was’n los: Wie schwierig ist es, wissenschaftliche Mitarbeiter zu finden?

Erdmann: Es gibt sehr viele gute Mitarbeiter, ich selber habe nach meinem Ruf zwei mitgebracht. Das war am Anfang eine große Hilfe. Natürlich suche ich ständig gute Mitarbeiter, angefangen bei Diplomanden bis hin zu wissenschaftlichen Mitarbeitern. Wir werden unter anderem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über die Verbundforschung gefördert, da die großen Experimente in der Teilchenphysik von vielen Universitäten zusammen durchgeführt werden. In der jetzt laufenden Förderperiode haben wir mehrere sehr gute Leute aus einem internationalen Feld einstellen können.

Was’n los: Was sind Ihre Lehr- und Forschungsgebiete? Wie ordnen sich diese in das bisherige Angebot ein?

Erdmann: Ich forsche auf dem Gebiet der Teilchenphysik mit dem Spezialgebiet der Top-Quarks, den schwersten aller bekannten Elementarteilchen. Institutsübergreifend arbeiten die Physikalischen Institute 3A, 3B und 1B beim CMS Experiment am CERN in Genf/Schweiz zusammen. Unser Institut 3A arbeitet selber noch am D0-Experiment am Fermilab in Chicago/USA mit. Hier werden Proton-Antiproton Kollisionen untersucht. Wir sind auch noch an einem dritten Experiment in Argentinien beteiligt. Hier werden hochenergetische kosmische Partikel untersucht. Zu diesem Zweck steht auf einer Hochebene in 1400 m Höhe mit einer Fläche von 2500 km² alle 1500 m eine Wassertonne. So werden Teilchen detektiert, die in der Atmosphäre durch Wechselwirkung mit der kosmischen Höhenstrahlung entstehen. Der Ursprung der Teilchen mit den höchsten Energien ist bislang unklar.

Was’n los: Worin unterscheiden sich das Studium/die Studierenden heute und zu der Zeit, als Sie studiert haben?

Erdmann: Die Zeiten für die Diplom- und Doktorarbeiten sind sehr viel kürzer als zu meiner Studienzeit. Damals war man gut wenn man mit der Diplomarbeit in 2 Jahren fertig wurde. Jetzt sind wir bei einem Jahr. Das ist besonders positiv zu werten, wenn man an Alter und internationale Konkurrenzfähigkeit denkt. Trotzdem sind seit langem schon deutsche Wissenschaftler im Ausland sehr gern gesehen. Interessant sind z.B. Mentalitätsunterschiede, die ich am Fermilab erlebt habe. Viele Amerikaner haben eine “Let’s do it!” Einstellung, viele Deutsche eine überdachterere. Die Mischung dieser beiden hat uns viele Erfolge beschert.

Was’n los: Wie läuft die Experimentalphysikvorlesung?

Erdmann: Aus meiner Sicht sehr gut. Ich habe mich über viel positives Feedback aus der Evaluation freuen können. Besonders gefreut hat mich, dass die Studierenden das Gelernte gut im Praktikum umsetzen konnten. Ich versuche die Studierenden durch wissenschaftliche Gespräche in den Vorlesungen auf die mündlichen Prüfungen vorbereiten. Hierbei wird in Zweiergruppen über vorgegebene Fragen diskutiert. Die Tutoren und ich übernehmen eine Moderatorfunktion und geben Hilfe beim gegenseitigen Erklären.

Was’n los: Halten Sie die Vorlesung lieber auf Deutsch oder auf Englisch?

Erdmann: Meine Vorlesungen Experimentalphysik 1-3 halte ich lieber auf Deutsch. In dieser Vorlesung versuche ich den Studierenden etwas von meinem persönlichen Verständnis und meiner persönlichen Einstellung zur Physik zu vermitteln und das kann ich am besten in meiner Muttersprache. Eine Elementarteilchenvorlesung kann ich gerne auf Englisch halten, um das Internationale der aktuellen Forschung hervorzuheben.

Was’n los: Wie lange haben Sie studiert?

Erdmann: Insgesamt 6 Jahre mit Auslandsaufenthalt in England.

Was’n los: Was halten Sie von der Entwicklung der Anfängerzahlen?

Erdmann: Sie sind überraschend konstant. Im 1. Semester waren in meiner Experimentalphysik-Vorlesung ca. 250 Studierende. Mit den Anfängern aus dem Sommersemester ist diese Zahl ungefähr gleich geblieben. Durch die Einführung des Self-Assessment Tests soll die Abbrecherquote weiter gesenkt werden. Es ist keine Auslese, wer studieren darf und wer nicht, sondern er gibt den Leuten eine Möglichkeit sich selber einzuschätzen. Bei diesem Test sind weniger die Schulnoten ausschlaggebend, sondern Grundkenntnisse und Transferleistungen.

Was’n los: Welche Vorlesung würden Sie gerne mal halten?

Erdmann: Ich halte sehr gerne die einführenden Experimentalphysikvorlesungen, weil man hier Studierende mit der eigenen Begeisterung für das Fachgebiet der Physik anstecken kann. Deshalb werde ich diesen Zyklus noch ein weiteres Mal lesen. Danach würde ich gerne Vorlesungen zur Teilchenphysik halten.

Was’n los: Was halten Sie von Bachlor/Master?

Erdmann: Die Bachlorarbeit hat einen viel geringeren Umfang als eine Diplomarbeit. Ein guter Effekt der Diplomarbeit ist das “Begleitete Erschrecken”. Es gibt Situationen in der Diplomarbeit, bei denen man vor großen Schwierigkeiten steht und denkt, dass es nichts mehr wird. Es wird trotzdem immer was. Dies stärkt das eigene Frustrationsvermögen und man erschreckt sich nicht mehr vor schwereren Fragen. Die Bachelorarbeit muss aufgrund der kürzeren Dauer anders angesetzt werden. Hier bieten sich z.B. kleine interessante Beiträge zu größeren Forschungsprojekten an oder auch Programmierarbeiten. Ich bin beruhigt, dass sich der Gedanke der Diplomarbeit in der Master Thesis wieder findet.

Was’n los: Was halten Sie von der Verwendung der Studienbeiträge in der Physik?

Erdmann: Generell bin ich für Studienbeiträge, wenn sie an ein entsprechendes Stipendiensystem gekoppelt sind. Den Vorteil, dass in Deutschland jeder studieren darf, dürfen wir nicht aufgeben. Die Verteilung in Aachen ist im Konsens mit allen Beteiligten gut geregelt. Die Lehrmöglichkeiten werden nun sehr viel besser, wir holen im internationalen Vergleich auf.

Was’n los: Was für Erfahrung haben Sie mit Fachschaften (sowohl aus Professoren, als auch aus studentischer Sicht!)?

Erdmann: In Aachen war dies bislang nur die Zusammenarbeit in einer Berufungskommission, und jetzt ist es hier mit Ihnen sehr nett.

Was’n los: Waren Sie mal in der studentischen Selbstverwaltung aktiv?

Erdmann: Als ich in Köln studiert habe, habe ich Cartoons für die Fachschaftszeitung gezeichnet. Vervollständigen Sie bitte die folgenden Sätze:

Was’n los: Wenn ich eine Entscheidung als Landesbildungsminister treffen dürfte, dann würde ich…

Erdmann: die Zahl der Physik-Professoren an der RWTH verdoppeln.

Was’n los: Als Rektor der RWTH würde ich…

Erdmann: die Physik in die Exzellenzinitiative des Bundes schicken.

Was’n los: Wenn ich ein Superheld wäre, dann könnte ich…

Erdmann: beamen

Was’n los: Neben der Forschung interessiere ich mich für…

Erdmann: die Musik, ich spiele selber im Jungen Sinfonieorchester Aachen mit.

Was’n los: Ich wollte schon immer mal…

Erdmann: durch den Bodensee schwimmen.

Was’n los: Wir danken für das Gespräch.