Was'n Los Herr Wehrle?

Schon seit einiger Zeit leitet Herr Prof. Wehrle das Lehr- und Forschungsgebiet Informatik 4 (Verteilte Systeme). Daher haben wir ihn zu einem Interview in unsere Fachschaft eingeladen. Viel Spaß beim Lesen!

Zur Person

  • Name: Wehrle
  • Vorname: Klaus
  • Lehrstuhl: Lehr- und Forschungsgebiet Informatik 4
  • Familienstand: verheiratet, 4 Kinder

Fragen

Was’n los: Wo kommen Sie her, und was haben Sie vorher gemacht?

Wehrle: Ich bin im Schwarzwald geboren worden und bin dort die ersten 20 Jahre meines Lebens auch kaum herausgekommen. Zum Studium bin ich dann nach Karlsruhe gegangen, wo ich auch promoviert habe. Danach war ich mit einem Stipendium als post doc in Berkeley. Im Anschluss habe ich für drei Jahre eine Nachwuchsgruppe in Tübingen geleitet. Das ist ein neues Modell, dass eine Habilitation ersetzten kann. Und nun bin ich in Aachen.

Was’n los: Warum haben Sie sich für Aachen entschieden?

Wehrle: Hier ist es doch toll, oder? (Schaut aus dem Fenster) Die Sonne scheint mal und die RWTH hat einen guten Ruf. Dann ist es auch so, dass man sich als Nachwuchswissenschaftler nicht so ganz aussuchen kann, wo man sich bewirbt aber in Aachen habe ich es gezielt getan.

Was’n los: Wie gefällt es Ihnen in Aachen?

Wehrle: Sehr gut, wobei der Sommer besser hätte sein können. Schön ist es, dass man an der RWTH sehr aufgeschlossen und bereit ist auf neue Ideen einzugehen.

Was’n los: Wie wurden Sie im Kreis der Professoren aufgenommen?

Wehrle: Sehr gut!

Was’n los: Wie schwierig ist es, wissenschaftliche MitarbeiterInnen zu finden?

Wehrle: Das ist leider sehr schwer. Ich habe seit einem halben Jahr zwei Stellen ausgeschrieben und bekomme recht wenige Bewerbungen. Jetzt schaffe ich es aber möglicherweise die Stellen mit Diplomanden zu besetzen. Es ist aber auch nicht so, das man überhaupt niemanden findet. Aus Tübingen habe ich drei MitarbeiterInnen nach Aachen mitgebracht und inzwischen bin ich bei neun. Davon kommen ungefähr 50% aus Tübigen, wobei allerdings nur Einer ein Schwabe ist.

Was’n los: Was sind Ihre Lehr- und Forschungsgebiete? Wie ordnen sich diese in das bisherige Angebot ein?

Wehrle: Ich beschäftige mich mit verteilten Systemen. Das hat einen starken Bezug zu Rechnernetzen, also dem was Prof. Spaniol macht. Ein besonderer Schwerpunkt meiner Forschung sind die sogenannten massiv verteilten Systeme, vom Internet bis hinunter zu einem Sensornetzwerk. In meinem LuFG betrachten wir dabei Algorithmen, Protokolle und Architekturen. Das ganze passt super in den Kontext von UMIC (Ultra High Speed Mobile Information and Communication, Exzellenzcluster an der RWTH) und der Graduiertenschule in der Informatik.

Was’n los: Worin unterscheiden sich das Studium/die Studierenden heute und zu der Zeit, als Sie studiert haben?

Wehrle: Einer der größten Unterschiede ist sicherlich die Entwicklung der Möglichkeiten im online Bereich. Zu meiner Studienzeit habe wir davon gerade die Anfänge mitbekommen. Aufgrund von Studiengebühren wird heute auch vielfach zielorientierter studiert. Das ist nicht nur positiv da dadurch breiteres Wissen und außeruniversitäres Engagement auf der Strecke bleiben. Ich selber bin während meines Studium zwei Mal Vater geworden und stand daher unter großem Druck fertig zu werden.

Was’n los: Wie laufen Ihre ersten Vorlesungen?

Wehrle: Die laufen gut. In meiner aktuellen Vorlesung (“Massively Distributed Systems 1″) sitzen 60-70 Studierende. Ich versuche stets meine Veranstaltungen sehr kommunikativ aufzubauen, dass hat bisher auch gut funktioniert.

Was’n los: Halten Sie die Vorlesungen lieber auf deutsch oder auf englisch?

Wehrle: Im Vordiplom bzw. Bachelor Deutsch im Hauptstudium bzw. Master muss dann wegen ausländischen Studieren auch auf Englisch zurückgegriffen werden. In Tübingen waren eigentlich alle Veranstaltungen auf Deutsch. Versuche, Vorlesungen auf Englisch zu halten, wurden von den Studierenden überhaupt nicht angenommen. Während meines Studiums waren auch alle Veranstaltungen auf Deutsch.

Was’n los: Was erwarten Sie von den Studierenden heutzutage? Was fehlt ihnen?

Wehrle: Ich erwarte von ihnen Begeisterung. Das hat gerade zu den Boomzeiten Vielen gefehlt die Informatik studiert haben, weil sie gehört haben, dass man damit viel Geld verdienen kann. Was ihnen immer mehr fehlt, ist zu sehen, dass ein Studium mehr ist als eine Berufsausbildung. Die “fachliche Elite” sollte sich auch auf politisch, gesellschaftlicher, philosophischer etc. Ebene mit Problemen beschäftigen. Führungsqualitäten sind nicht in engen fachlichen Grenzen definiert sondern benötigen auch die sogenannten “soft skills”. Wobei das mehr sein muss, als Das was momentan mit ein paar wenigen Kursen im Bachelor/Master versucht wird.

Was’n los: Wie lange haben Sie studiert?

Wehrle: 10,5 Semester

Was’n los: Was halten Sie von der Entwicklung der AnfängerInnenzahlen

Wehrle: Das es in Aachen wieder mehr AnfängerInnen gibt empfinde ich als positiv. Durch den Erfolg in der Exzellenzinitative wird sich das Einzugsgebiet der RWTH auch vergrößern. Vermutlich gibt es allerdings nicht insgesamt mehr AnfängerInnen sondern nur eine stärkere Polarisierung. Daraus ergeben sich viele Chancen für die RWTH. Ich muss aber auch zugeben, dass ich damals nicht nach Karlsruhe gegangen bin, weil die Universität einen guten Ruf hat, sondern weil sie nicht so weit entfernt von zu Hause war.

Was’n los: Hatten Sie viel Freizeit während des Studiums?

Wehrle: Nein, mit zwei Kindern ist da nicht so viel drin. Meine Frau und ich haben aber eine bewußte Entscheidung für Kinder getroffen, da wir beide flexibel waren und so auch eine bessere Aufteilung der Aufgaben zwischen Mann und Frau ermöglicht wurde. Ich fände es auch sehr schön, wenn wir hier in der Informatik ein Kinderbetreuungsprogramm iniitieren könnten um eine solche Lebensplanung auch hier mehr Studierenden und MitarbeiterInnen zu ermöglichen.

Was’n los: Welche Vorlesung würden Sie gerne mal halten?

Wehrle: Datenkommunikation. Die neue Bachelorveranstaltung Sichere Verteilte Systeme werde ich demnächst halten.

Was’n los: Was halten Sie von Bachelor/Master? Wo sehen Sie die Chancen/Gefahren?

Wehrle: Zu Beginn habe ich davon gar nichts gehalten, sehe aber inzwischen, dass es nicht so schlecht ist. Die Verankerung der Soft Skills ist z.B. ein Plus. Unklar ist bisher allerdings noch der Übergang vom Bachelor in den Master. Es wäre wünschenswert, dass eine Großteil der Studierenden auch einen Master machen würde, da sie so im Bachelor eine eher berufliche und im Master eine eher wissenschaftliche Ausbildung bekämen. Eine Schwierigkeit ist, dass der Bachelor unter Umständen zu schwach für gute InformtikerInnen ist.

Was’n los: Was halten Sie von der Verwendung der Studienbeiträge in der Informatik?

Wehrle: Ich denke, dass die Studienbeiträge in der Informatik gut eingesetzt werden. So werden ja jetzt z.B. die Foyers neu möbliert. Vielleicht wäre es auch möglich die Studierendenwiese zu möblieren. Ich halte es für wichtig, dass auch praktische Dinge aus dem Alltag verbessert werden. Ich könnte mir auch vorstellen, die eben schon erwähnte Kinderbetreuung mit solchen Geldern zu unterstützen.

Was’n los: Was für Erfahrungen haben Sie mit Fachschaften (sowohl aus professoraler, als auch aus studentischer Sicht)?

Wehrle: Die Fachschaft in Karlsruhe habe ich nicht so gut kennengelernt. Ich hatte selber keine Zeit mich zu engagieren und war auch meist am anderen Ende des Campus. Wo man sie aber natürlich erlebt hat, war während der Erstiwoche. Die Fachschaft in Tübingen war sehr engagiert. Sie hat immer das Sommerfest organisiert und einen Volleyball- und Grillplatz unterhalten. Daneben ist der Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden auch nicht zu kurz gekommen und lief immer gut. In Aachen wäre es schön, wenn die Fachschaft im Informatikzentrum auf der Hörn wäre (Anm. der Redaktion: Unsere Zweigstelle auf der Hörn wurde im Sommersemester 2008 eröffnet.) ansonsten kann man aber auch nicht klagen.

Was’n los: Waren Sie mal in der studentischen Selbstverwaltung aktiv?

Wehrle: Nein, mit meinen Kinder ging das nicht. In Tübingen war ich dann aber Vertreter der wissenschaftlichen MitarbeiterInnen im Fachbereichsrat. Ich hätte mir gewünscht mehr machen zu könne, aber das war leider nicht möglich. Sehr aktiv war ich aber in einer Selbsthilfegruppe studentischer Eltern.

Was’n los: Was halten Sie von der Exzellenzinitiative?

Wehrle: Sie ist nicht schlecht. Wobei diese Sicht klar ist, wenn man auf der GewinnerInnen Seite steht. Im Antrag der RWTH waren gute Punkte untergebracht und es war schön, dass man sich mal Gedanken über viele Dinge gemacht hat und auch wirklich etwas passiert ist. Für die RWTH ergibt sich jetzt eine Standortaufwertung. Bisher könnte man auch schon Unterschiede zwischen den Fachbereichen an verschiedenen Hochschulen sehen, aber es gab keine spezielle Förderung. Das ändert sich jetzt glücklicherweise. Natürlich sollten einerseits bestimmte Universitäten nicht zu Lehrbetrieben degradiert werden, aber es sollten andererseits auch nicht bestimmte Universitäten künstlich kleingehalten werden.

Vervollständigen Sie bitte die folgenden Sätze:

Was’n los: Wenn ich eine Entscheidung als Landesbildungsminister treffen dürfte, dann würde ich…

Wehrle: … in der Schule mehr Informatik machen (keine EDV).

Was’n los: Als Rektor der RWTH würde ich…

Wehrle: … den zentralen Verwaltungsapparat verschlanken und mehr in die Fachbereiche geben.

Was’n los: Wenn ich ein Superheld wäre, dann könnte ich…

Wehrle: … Aachen ans Meer verlegen.

Was’n los: Neben der Forschung interessiere ich mich für…

Wehrle: … meine Familie. Seit diesem Sommer bin ich auch ein begeisterter Segler. Ansonsten bin ich noch ein Nerd und liebe elektrische Gadgets.

Was’n los: Ich wollte schon immer mal…

Wehrle: … ein Jahr aussetzen und um die Welt segeln. Ich habe mir aber auch schon viele Träume erfüllt.

Was’n los: wir danken für das Gespräch.